Wer kennt sie nicht, die farbenfrohen dickbäuchigen Holzpuppen aus Russland. Sie verkörpern wunderschöne Attribute wie Heimat, Fruchtbarkeit und Überfluss. Dabei steht die größte Puppe symbolisch für die Mutter. Man könnte sie auch als die Urmutter bezeichnen, der alles entspringt. Die kleineren Puppen stehen für die Kinder, wobei die kleinste Puppe für das Baby steht. Auf Grund ihrer zugesprochenen Bedeutung eignen sie sich auch gut für die Methode des Familienstellens. Jedoch verdeutlichen sie auch aus einer höheren Sicht unseren Seelenkern, unser ureigenes Selbst, mit dem oder als was (oder wer) wir geboren wurden. Unser unbeschadeter reiner Seelenkern wäre in dem Fall das kleinste Püppchen. Nennen wir es das Babypüppchen.
Im Laufe des Lebens legen sich auf Grund unserer sämtlichen erlebten Erfahrungen verschiedene Schichten wie z.B. Angst, Illusion, Verrat, Enttäuschung, Schutz, auch Trauma um diesen reinen Seelenkern. Immer mehr Püppchen stülpen sich so über das Babypüppchen. Nach außen hin wird es immer größer, inhaltlich vielschichtiger und kompakter. Daraus entwickelt sich im Laufe der Zeit unsere Persönlichkeit und wir idendifizieren uns damit als Mensch innerhalb der Gesellschaft und in Interaktion mit anderen Menschen. Manchmal schreiben wir diese Schichten unserem Charakter zu, da sie sozusagen mit uns verschmelzen oder die Erfahrungen so eindringlich waren, dass sie in unser Seelen- und Körpergedächtnis einsickern und sich verweben.
Die Frage danach, wer wir eigentlich sind oder wie wir erlernte Mechanismen aufspüren und ändern können, stellt sich oft in bestimmten zyklischen Lebensabschnitten, meistens im reiferen Alter oder/und nach einschneidenden Erfahrungen in unserem Leben. Wenn man spürt, dass das Leben nicht mehr zu einem passt. Wenn sich das Gefühl einstellt, dass einem die Weste (die individuellen Rahmenbedingungen im Leben) zu eng geworden ist. Wenn man eine Sehnsucht nach etwas verspürt, was einen glücklicher, freier und ausgefüllter sein lässt. Dann beginnen die Menschen zumeist sich auf die Suche zu begeben. Nach Antworten, nach Hinweisen, nach Inspiration. Wer suchet, der findet. Vielleicht findet man sich auf dem Jakobsweg wieder oder in einer Therapie, oder man beginnt sich selbst kennen zu lernen, indem man Dinge tut, die man entweder lange nicht oder überhaupt noch nicht getan hat. Oftmals wird man zur Kindheit geführt in eine Zeit, in der das Seelenkleid noch weitgehend unbeschrieben war und wir uns in einer unschuldigen kindlichen Offenheit dem Leben und dem Moment hingegeben haben, ohne zu überlegen, ob es richtig oder von anderen gewünscht ist.
Der Weg zu sich selbst kann ein sehr verschlungener Weg sein, gar ein Pfad, der durchs Dickicht der Erinnerungen und Emotionen führt. Manchmal kann es sehr hilfreich sein, bestimmte Wegabschnitte mit einem Weggefährten zu gehen, der mit Kraft und Weisheit zur Seite steht und uns Mut zuspricht, wenn wir uns am liebsten hinter dem dicksten Gemäuer verstecken möchten. Innere Arbeit kann mit Klangarbeit (mit Instrumenten und dem Einsatz der Stimme) wunderbar begleitet und Blockaden sanft und schnell gelöst werden. Nach dem Matroschka-Prinzip werden die auferlegten Schichten nach und nach wieder entfernt und Verkrustungen, die uns im Inneren einengen, gelöst. Man könnte auch das Bild eines Rucksackes verwenden, der im Laufe des Lebens immer voller und schwerer wird und uns mit der Zeit vergessen lässt, wer wir eigentlich unter all dem schweren Ballast überhaupt sind. Auch nimmt er uns die Kraft und die Leichtigkeit, die wir ohne diesen Rucksack verspüren würden und dadurch andere Entscheidungen treffen und andere Wege gehen würden. Mit einer herzoffenen Begleitung und der heilsamen Kraft der Klänge können veraltete und überflüssige Dinge aus diesem Rucksack entfernt werden, so dass man wieder leichtfüßig und voller Freude durchs Leben tanzen kann.
© Claudia Castillon
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